Freitag, 19. März 2010

Timing.


Der zurück liegende Winter war mit Abstand der schlimmste den ich je erlebt habe. Ich dachte immer Wetterfühligkeit sei Einbildung. Aber sie ist es nicht. Und sie wird auch nicht besser, wenn man merkt, dass man plötzlich jemand anderes ist. Jemand, der Gefühle für jemanden hegt, der einem nicht gut tut.

Jemand, der sich völlig abgedrehten Phantasien hingibt. Jemand, der eigentlich mitten im Leben steht und sich wegen einem anderen Menschen einfach nicht mehr unter Kontrolle hat. Ich war im Wahn. Öfters konnte ich nicht auf mein Handy oder in meinen E-Mail-Ordner schauen. Ich habe mich stundenlangem musikalischen Power-Vegetieren hin gegeben – und mich an jede Hoffnung geklammert. Es ging mir immer dann gut, wenn ich eine erlösende sms oder E-Mail erhalten habe.

Ich wusste, dass so ein Verhalten nicht normal ist. Aber es gab nichts, aber auch rein gar nichts, was ich hätte tun können. Und stoppen konnte ich es schon gar nicht. Dabei hatte ich es in der Hand. Ich hätte mich einfach dazu entscheiden können, nicht mehr zu hoffen, zu warten, zu träumen. Ich hätte es beenden können – und das tat ich.

Ich hatte es so satt. Ich war es leid. Aus und Ende. Ich habe wieder nach vorne geschaut. Habe wieder am Leben teilgenommen. Habe wieder gelacht. Normal gegessen und auch normal geschlafen. Im Job wurde ich wieder besser.

Dann begann der Frühling. Die Sonne kitzelte jede Erinnerung aus mir raus. Nur noch ein paar Monate, dann würde die Sommer-Sonne auch die letzten Erinnerungen an diese dunkle Zeit förmlich wegschmelzen. Und diese Zeit näherte sich mit kleinen, aber feinen Schritten. Jeder neue Tag war auch gleichzeitig ein Tag, an dem ich weniger nachdachte über das, was eigentlich schon längst kein Thema mehr war. Ich fühlte mich frei und leicht. Und ich war frei. Endlich!

An einem Donnerstag saß ich nach langer Zeit wieder mit Freunden zusammen. Man redete, trank, aß – und freute sich gemeinsam auf den Sommer. Es schien fast so, als ob der Winter nie da gewesen wäre. In meiner Hose vibriert es. Ich nehme mein Handy aus der Tasche. Ich denke mir nichts dabei – es könnte jeder sein. Aber es war nicht jeder. Und die Worte die ich lese, sind Worte, die ich mir in jeder kalten, dunklen Winternacht so sehr herbei gesehnt hatte. Aber sie kommen jetzt, in diesem Augenblick – ausgerechnet jetzt wo es mir das erste Mal wieder richtig gut geht. Jetzt, wo ich ohne sie ausgekomme. Fast.

Was für ein Timing. Der Frühling ist da – und meine Gedanken sind wieder im Winter.